Wie ein Affe Leitungskunst erlernt
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Es ist eine Bierlaune, die aus einem Affen einen Bürgermeister macht. Stuart Drummond jobt als Maskottchen beim Drittligaverein seines Städtchens. Bei jedem Heimspiel macht er den Affen. Läuft auf das Spielfeld. Verteilt Snacks. Winkt ins Publikum. Eines Abends – es sind schon einige Bier getrunken – kommen seine Freunde und er auf den Gedanken, dem Fussballverein könne ein wenig Publicity nicht schaden. Also melden sie das Maskottchen H’Angus the Monkey für die Bürgermeisterwahlen an. Es gibt keine ausgeklügelte Kampagne. Nur diese Idee. Und vielleicht schafft man es damit ja in die lokale Presse. Die Freunde verteilen Bananen, hängen Plakate mit dem Slogan “Bananen für Jeden” auf und verpassen alle Wahlkampfveranstaltungen, weil das Maskottchen bei Heimspielen auftreten muß oder von niemandem ernstgenommen wird.
Stuart Drummond, alias H’Angus, wird mit 52,1% zum Bürgermeister von Hartlepool gewählt. Der Schock sitzt tief. Bei den Bürgern, der nationalen Presse und bei Stuart. “Jetzt, zeig uns, dass Du kein Affe bist!”, sagt einer zu ihm. Das ist der Augenblick, an dem Stuart begreift, auch wenn er sich überfordert fühlt und die Hosen voll hat, hier gibt es eine Stadt mit tausend Problemen, Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität und Alkoholismus, aber er hat die Chance, etwas zu gestalten und zu bewegen. Er nimmt die Herausforderung an!
Es wäre eine Lüge, so zu tun, als hätte ich mich nicht in den ersten Jahren meines Abenteuers in der Geschäftsführung unserer Freikirche nie überfordert gefühlt. Ehrlich gesagt, hatte ich häufig die Hosen voll und nicht nur einmal habe ich mich zum Affen gemacht. Menschen führen, Visionen entwickeln, eine Organisation leiten, Haushalte verwalten, Mehrheiten beschaffen, Lobbyarbeit betreiben, Ziele formulieren. Leute, ich habe Theologie studiert!!! Ich war, glaub ich, ein ganz passabler Pastor, aber nun soll ich, den ganzen Arbeitsbereich einer Kirche weiterentwickeln und mitgestalten. Dabei sind die Ressourcen stets zu knapp und die Herausforderungen stets zu groß. Außerdem liegen die Interessen der Beteiligten grundsätzlich meilenweit auseinander. Die Einen sagen es wäre gut, tougher, härter, erfolgreicher zu sein. Andere stellen dem entgegen: Wir sind doch Kirche! So können wir nicht miteinander umgehen!
Die Wahrheit ist: Leiten ist nie leicht, Leiten ist eine Kunst! Gerade auch deswegen, weil ich nicht will, dass nur die Frage zählt, was erreicht wurde. Mich interessiert, wie es erreicht wurde. Ich will es mir nicht egal sein lassen, auf welchem Weg, unter welchen Umständen, mit welchen Mitteln ein Ziel erreicht wurde. Auf Kosten anderer oder fair? Kurzfristig oder nachhaltig? Mit den Mitarbeitenden oder gegen die Mitarbeitenden? Das muss doch Bedeutung haben! Ich will Leitungskunst erlernen, es wagen, es gut machen, es schaffen. Gerne würde ich schon heute erzählen, wie sich alles zum Guten gewendet hat, wie ich mithelfen konnte, Haushalte zu sanieren, Bereiche zu modernisieren und wie wir die großartigste, am schnellsten wachsende und innovativste Kirche in Deutschland geworden sind. Und am allerliebsten würde ich sagen: aus dem Pastor, dem Theologen, aus dem, der sich zum Affen gemacht hat, ist ein erfolgreicher Leiter geworden, jemand der die Leitungskunst aus dem “FF” beherrscht. Die Wahrheit ist: es liegt noch ein weiter Weg vor mir und keiner kann sagen, ob man sich am Ende eine Erfolgsstory erzählt oder die Geschichte einer Niederlage.
Stuart Drummond wurde inzwischen zum dritten Mal als Bürgermeister im Amt bestätigt. Unkonventionell, ehrlich und lösungsorientiert hat er einige bemerkenswerte Projekte auf die Spur gebracht. Dieser Blog soll von Menschen wie ihm erzählen, von Frauen und Männern, Modellen und Ideen, die mir als Inspiration für meinen Alltag als Mensch in Leitungsverantwortung dienen. Dieser Blog handelt von dem, was ich beim Blick aus dem Fenster des Dienstwagens in den Städten unseres Landes und in Gemeinden und Kirchen überall auf der Welt aufschnappe. Das wäre doch schön: wenn meine Notizen aus dem Dienstwagen Dein Interesse wecken! Es würde mich sehr freuen, wenn Du und ich – als Menschen, die Verantwortung tragen und Leitungskunst erlernen wollen – uns gegenseitig inspirieren und begeistern könnten und wenn wir uns Geschichte erzählen, so wie die bei der aus einem Affen ein Bürgermeister wurde, oder aus einem Theologen ein Leiter und vielleicht aus einem normalen Menschen, jemand, der die Kunst des Leitens beherrschen lernte.
Christian Rommert
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