Internationale Arbeits- und Führungsstile – der Mix macht‘s

(Kommentare: 2)

Ein Gastbeitrag von Philipp Nellessen.

Dr. Philipp Nellessen lernte während seiner Tätigkeit bei einer der weltweit führenden Unternehmensberatungen verschiedenste internationale Arbeits- und Führungsstile kennen und berichtet im Post vor zwei Wochen und hier von seinen Erfahrungen.

Die größten Unterschiede

Copyright Philipp Nellessen

Uns Deutschen sagt man nach, dass wir verbissen, arbeitsam und unhöflich sind. Nach einigen Jahren im Ausland muss ich zugeben, dass sich die Vorwürfe im internationalen Vergleich nicht ganz von der Hand weisen lassen. Unsere oftmals eher verschlossene wenig überschwängliche Art wirkt im Ausland häufig wie eine gewaltige Spaßbremse. Gleichzeitig sehe ich in der deutschen Arbeits- und Führungsweise großartige Vorteile: die Direktheit mit der wir miteinander umgehen, mit der wir auch Konflikte ansprechen und Themen ausdiskutieren können; die Fähigkeit die Mitarbeiter hier haben mit Kritik umgehen zu können und eine hohe Motivation. Verglichen mit anderen Ländern sind das für mich manchmal geradezu paradiesische Zustände.

Fettnäpfchen in Australien

Doch insbesondere die Direktheit stößt nicht überall auf Gegenliebe. Gerade in Australien (Westküste) bin ich in etliche Fettnäpfchen getreten. Selbst wenn Mitarbeiter sagen, dass sie einen direkten Umgang bevorzugen, solltest Du daran denken, dass sie von ihren lokalen Maßstäben ausgehen und damit oft ein grundsätzlich anderes Maß im Kopf haben. Die Höflichkeit, mit der Leute z.B. in Australien zusammenarbeiten, ist beeindruckend – man widerspricht sich selten offen und ist in alle Situationen überaus zurückhaltend. Man versucht, die Privatsphäre des anderen zu wahren. Allerdings wollen die Mitarbeiter auch erstmals überzeugt werden, dass eine Arbeit sinnvoll ist. Man macht sie keineswegs automatisch. Die Arbeit ist außerdem nur ein sehr kleiner Teil des Lebens und sollte nicht zu viel Zeit in Anspruche nehmen – ein Umstand, der einen als Chef manchmal zur Weißglut treiben kann… Irgendwann lernst Du, Dich auf die entspanntere Art einzulassen und stellst fest, dass es Dich nicht mehr aufregt, wenn kein anderer sich darum kümmert, ob Meilensteine eingehalten werden oder nicht. Ab dann ist es wunderbar.

Gelassen durch Südafrika

Perfektioniert wurde die „entspannte Arbeitsweise“ meiner Meinung nach in Südafrika. Jedes noch so kurze dienstliche Gespräch startet erst mal mit einer Plauderei. Wie geht es Dir? Deinen Eltern? Deiner Frau? Und überhaupt, was machen die Kinder? Den Menschen ist die Freude bei der Arbeit wichtiger als der Verdienst und das Vorankommen. Schnell wird man von Kollegen oder Kunden auf einen Braai (=zum Grillen) nach Hause eingeladen. Auch wenn das manchmal zu Auswüchsen führt – einem Mitarbeiter mussten wir kündigen, da er ohne Genehmigung zwei Tage nicht zur Arbeit gekommen ist. Seine Begründung lautete: das Wetter war einfach zu schön! Für mich war es immer wieder spannend, zu sehen wie die meisten Mitarbeiter ihre Arbeit dennoch geschafft bekommen.

Alles ist möglich in Asien

In vielen Ländern Asiens hat mich am meisten der Glaube an die unbegrenzten Möglichkeiten beeindruckt. In Unternehmenszentralen wird über die Besetzung völlig neuer Geschäftsfelder diskutiert, Wachstumsraten jenseits der 20% gelten als normal und es herrscht absolute Gewissheit, dass in der Zukunft alles noch viel besser wird. Auch wenn manche Unternehmung etwas blauäugig gestartet wird, ist das doch eine angenehme Abwechslung zu unserer typischen kritischen Betrachtungsweise der Zukunft. Die Zuversicht lässt sich aber auch aus asiatischer Sicht leichter nachvollziehen, nie ging es den Menschen in diesen Ländern ökonomisch besser, nie hatten mehr Leute dort Zugang zu Nahrung, Bildung – ganze Bevölkerungsteile haben Aufstiegschancen, die noch vor 30 Jahren undenkbar waren.

Der Mix macht es

Ich könnte noch lange über die erlebten Unterschiede zwischen einzelnen Ländern sprechen, das wichtigste ist jedoch: wo auch immer Du hingehst, Du solltest Dir die dortigen Gebräuche zunächst wertfrei angucken. Persönlich bin ich nach all den Auslandsaufenthalten um einen eigenen Arbeitsstil zwischen deutscher Gründlichkeit, australischer Entspanntheit, südafrikanischer Lebensfreude und asiatischem Zukunftsglauben bemüht. Gelingt mir das immer? Auf gar keinen Fall. Trotz aller guten Vorsätze muss ich immer wieder feststellen, dass es mir deutlich leichter fiel, die australische Gelassenheit zu übernehmen, als der Arbeitstag in Perth noch um 6h morgens bei strahlendem Sonnenschein mit einer kleinen Runde Wellenreiten im türkisblauen Wasser anfing anstatt im Stau und strömenden Regen auf der A40 – aber den Versuch ist es trotzdem wert.

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Kommentare

Kommentar von Daniel Kliemt |

schon von Philipp, Ehemann meiner Cousine Britta, auf diesem Weg etwas zu hören :-)

Antwort von Christian Rommert

Jepp! Immer fröhlich immer auf Achse ;-))

Kommentar von Philipp Nellessen |

Hallo Daniel,
schön das Du auch der Seite folgst, werde Deine Nachricht an Britta weiterleiten.
LG Philipp

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