Das perfekte Skript

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Copyright Matthäus Dolibog

Einem guten Vortrag, einer guten Predigt muss es gelingen, eine Beziehung zu meinen Zuhörer aufzubauen. Dies geschieht zum Einen durch den inspirierenden Inhalt, der die Zuhörer etwas angehen muss, ihre Fragen ernstnimmt und der durch seine Beispiele, Bilder und Sprache lebt. Zum anderen lässt sich eine Beziehung zum Publikum kaum aufbauen, wenn ich das, was ich sagen will, bloß vorlese. Beziehung entsteht durch Blickkontakt, durch Körpersprache, dadurch, dass der Zuhörer wahrnehmen kann, was mich berührt, ärgert, zum Lachen bringt. Aus diesem Grund bevorzuge ich es, ohne Skript zu reden. Nur dann kann ich dauerhaft Blickkontakt zum Publikum suchen und mit ihnen kommunizieren.

Dennoch gibt es immer wieder Situationen, in denen ich nicht frei sprechen kann, weil ich nicht in meiner Muttersprache rede, weil das Thema zu komplex ist oder aus anderen Gründen. In dem Fall brauche ich das perfekte Skript, dass es mir dennoch ermöglicht, aufzuschauen, freie Passagen einzufügen, Blickkontakt zu suchen.

Folgende drei Schlüsselkriterien muss solch ein Skript erfüllen:

  1. Verben statt Substantive benutzen
  2. Augenfällige Schreibweise
  3. Plauderpassagen einbauen

Verben statt Substantive

Jede Sprache lebt von ihren Verben. Wer seinen Notizzettel mit Substantiven als Stichpunkte vollschmiert, läuft Gefahr permanent auf langweilige Füllverben wie “haben”, “sein” und “machen” auszuweichen. Steht in meinen Stickpunkten “Schwimmbad”, werde ich vorraussichtlich etwas sagen wie “Gestern waren wir im Schwimmbad!”. Steht auf meinem Zettel: planschen, eintauchen, kraulen, wird der Satz zum Schwimmbad kreativer und inspirierender ausfallen. Verben sind der Schlüssel. Nomen versprechen Langeweile. Deswegen vermeide ich auch Partizipien. “Sind gewesen!”, “Haben gesehen!”. Ich kann es kaum ausschreiben, ohne einzuschlafen! Wer Substantive benutzt, neigt außerdem dazu, viel zu lange Sätze zu formulieren. Mit Verben werden die Sätze schön kurz und für den Zuhörer leichter aufzunehmen.

Augenfällige Schreibweise

Anfangs musste ich ein und im herausfordernsten Fall bis zu drei Mal in der Woche predigen. Dafür kann ich kein Skript auswendig lernen. Ich muss ein Skript nutzen, dass augenfällig ist. Das heißt, das Augen muss in Sekunden erfassen können, was gesagt werden soll. Aus diesem Grund habe ich mir angewöhnt, jede Sinneinheit einzurücken.

Dabei markiere ich mir häufig die Verben mit einem Textmarker. Denn: Es sind die Verben, die eine Rede inspirierend machen! Das ganze schreibe ich auf A4 Format mit einem 6 cm Rand rechts und einem 8,5 cm Rand unten und schneide mit einer Hebelschere den unteren Rand ab. So bleiben die Blätter einigermaßen stabil stehen. Ich hatte häufiger Probleme mit sich wellenden Blättern. Je nach dem wie stark das Skript ausformuliert ist, eignen sich keine Karteikarten. Diese taugen nur etwas, wenn man sich ein paar Verben, seinen Einstieg, sein Ende und seine Unterpunkte notieren will.

Plauderpassagen einbauen

Ich baue auch in ausformulierte Texte immer wieder Passagen ein, in denen ich 100% frei spreche. Am Anfang stelle ich mich häufig vor. Das tue ich frei, um wenigstens die ersten drei bis fünf Sätze, meinen Zuhörern ein wenig in die Augen schauen zu können. Aber auch innerhalb des Vortrages nutze ich freie Passagen. Das kann eine Powerpoint-Folie sein, die ich kurz frei erkläre oder gerade erlebte kurze Geschichte, die ich auch meiner Frau und meinen Freunden schon drei Mal – jedes Mal ohne Skript ;-) – erzählt habe. Durch solche Passagen erzeugst Du erneute Aufmerksamkeit und verhinderst, dass Dir Deine Zuhörer flöten gehen!

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